Der Wille zur Gerechtigkeit, blankespapier bedankt sich bei Leunam Remeark

Es gab eine Zeit, in der Menschen Träume hatten; Träume, die davon handelten, die Ungerechtigkeit im eigenen Umfeld zu bekämpfen; es war eine Zeit, die den Menschen gezeigt hat, dass sie eben nicht am Ziel angelangt sind; eine Zeit, die darum Märtyrer geschaffen hat; Märtyrer im Namen der Freiheit, des Friedens und der Gerechtigkeit; eine Zeit, die gezeigt hat, dass ein Mensch die Gewichte des Menschseins ablegen kann, um sich von seinen Flügeln der Hoffnung emportragen zu lassen; eine Zeit, welche unsere Vorfahren überwinden mussten, damit wir heute sein dürfen, was wir sind: Frei und reich; frei in Bezug auf unserer Lebenswahl und reich an Würde; eine Würde, deren Unantastbarkeit mit sehr vielen Menschenleben und mit noch sehr viel mehr Hoffnung, die eben aus den Träumen heraus erwuchs, erkämpft wurde; eine Zeit, die heutzutage kaum noch Beachtung geschenkt wird, weil die gegebene Freiheit und die unantastbare Würde allzu oft als selbstverständlich betrachtet werden; eine Zeit, welche die Menschheit näher an ihr Ziel gebracht hat, dennoch nicht zum Ziel selbst; eine Zeit, deren Träume sich größtenteils erfüllt haben; eine Zeit, die abgeschlossen wurde; eine Zeit, die uns nichtsdestoweniger daran erinnern soll, dass Ideen nicht zur Realität werden, wenn man nicht für ihre Umsetzung kämpft; Ideen, wie jene, die uns erlaubt, unseren Heimatort zu verlassen, ohne dafür erschossen zu werden; Ideen, wie jene, die uns nicht verwehren, einen Menschen im vollen Umfang lieben zu können, weil dieser Mensch ein anderes Äußeres, einen anderen Glauben, oder eine andere Heimat besitzt; Ideen, wie jene, die es verbieten, Menschen zu bestehlen und zu misshandeln, bloß weil sie einer vermeintlich niederen Menschenklasse angehören; Ideen, wie jene, dass Frauen sich der Unterdrückung ihrer Ehemänner ergeben müssen, weil sie sowohl rechtlich als auch finanziell von ihnen abhängig sind. Es gab viele Ideen, die zu Träumen geführt haben. Es gab viele Kämpfe um diese Träume. Es gab viele Opfer dieser Kämpfe um Träume. Viele dieser Kämpfe um Träume waren erfolgreich, wie man sieht, wenn man unser Land betrachtet, wenn man sich Europa betrachtet, wenn man sich die USA betrachtet, wenn man sich Südafrika betrachtet, wenn man sich Australien betrachtet. Allerdings sind diese Orte Beispiele für den Erfolg von Kämpfen um Träume, die sich an dem Glauben orientierten, dass es falsch ist, Menschen für ungleich zu halten, weil sie sind, was sie sind, weil sie als das auf die Welt kamen, als was sie auf die Welt kamen, obschon sie keinerlei Einfluss auf den Zufall hatten, dass sie dort geboren wurden, wo sie geboren wurden, so wie niemand vor seiner Geburt Einfluss darauf hatte, dass er geboren wurde, wo er geboren wurde; niemand hat vor seiner Geburt dafür gesorgt, dass er in Deutschland geboren wurde; niemand hat vor seiner Geburt dafür gesorgt, dass er in Somalia geboren wurde; niemand hat vor seiner Geburt dafür gesorgt, dass er in Chile geboren wurde; niemand hat sich sein Sein als Angehöriger einer Wohlstandsgesellschaft verdient; niemand ist sein leidgeprägtes Leben in einem Dritte-Welt-Land selbst eingebrockt; niemand ist dafür verantwortlich, dass er als das geboren wurde, als das er geboren wurde – niemand außer der Zufall. Dennoch gab es ebenfalls viele erfolgreiche Kämpfe um Träume, die eben nicht den oben genannten Glauben verfolgten, sondern den Glauben, dass Menschen eben nicht gleich sind, sondern jenen, dass sich die Menschen, die in eine Wohlstandsfamilie hineingeboren wurden, den Wohlstand schon vor ihrer Geburt verdient haben, wie man sieht, wenn man sich die Welt betrachtet. Das Umfeld ist ein größeres geworden; das Umfeld heutiger Verfechter der Gerechtigkeit umfasst den gesamten Globus. Zurzeit stehen 2,7 Millarden Menschen pro Tag nicht mehr als 2 US-Dollar (entspricht 1,42 €) zur Verfügung. Ab dem 31. Oktober 2011 wird die menschliche Weltbevölkung die 7-Milliarden-Marke überschreiten. Demnach leben 38,57% der menschlichen Weltbevölkerung in Armut. 30.000 Kinder unter fünf Jahren sterben täglich an Unterernährung, weitaus mehr noch, wenn man den Kindertod durch armutsbedingte Gewalttaten miteinbezieht. Kinder werden durch die Industrie ausgebeutet, die unsere Luxusgüter produziert; Kinder werden aufgrund von Ritualen verstümmelt; während Kinder im Wohlstandsland im Grundschulalter das Kriegspielen auf dem Computer oder der Spielekonsole lernen, lernen gleichaltrige Kinder in Armutsländern, was es heißt, der Gejagte von realen Kriegsbetreibern zu sein. Es bieten sich unzählige Vergleiche, welche die Perversion der Ungerechtigkeit zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen offenlegen; unzählige Vergleiche, die zeigen, dass es noch ebenso viele Träume gibt, die nach mutigen Kämpfern schreien, damit diese Träume eines Tages in die Realität unseres gesamten Planeten hineinerwachen.

Träume, die da rufen: Nein, ich will nicht länger hinnehmen, dass ich und meine Mitmenschen Nahrung vergewaltigen und wegschmeißen, nachdem sie uns befreidigt haben, just, weil unsere Gesellschaft Nahrung im Überfluss hat. Träume, die da rufen: Nein, ich will nicht länger hinnehmen, dass mich mein Trieb nach Fleisch beherrscht, weil ich weiß, dass mein enormer Fleischverzehr die totale Ausbeutung von Tieren und die Stagnation der Beseitigung des Welthungers impliziert; weil ich weiß, dass nur der Fleischverzicht dazu führen kann, dass die stetig steigende menschliche Weltbevökerungszahl nicht sogleich einen stetig steigenden Welthunger mit sich zieht; weil ich weiß, dass bei weltweitem Fleischverzicht eine Lebensmittelversorgung für 10 Milliarden Menschen möglich ist, und weil ich nicht zu jenen Menschen gehören will, die dieses Ziel blockieren, das für vernünftige Menschen, die keinen Luxus wollen, der mit dem Leid von abermillarden Menschen finanziert wird, das höchste Ziel sein muss.

Träume, die da rufen: Nein, ich kann nicht länger hinnehmen, dass sich meine Vergleiche stets auf den Materialismus anderer Menschen beziehen; ich will endlich damit beginnen, meine Vergleiche ausschließlich auf Rechte anderer Menschen zu justieren. Nein, meine innerlichen Fragen sollen nicht mehr lauten: Warum hat dieser Mensch einen größeren Wagen als ich? – Warum hat dieser Mensch ein größeres Haus als ich? – Warum hat dieser Mensch eine teurere Kleidung als ich? Nein, meine Fragen sollen nicht anders lauten als: Warum hat dieser Mensch mehr Rechte als ich? – Warum hat jener Mensch weniger Rechte als ich? – Was kann ich tun, damit dieser Mensch, jener Mensch und ich als Mensch die gleichen Rechte haben? – Was kann ich tun, damit das Recht auf Nahrung, das Recht auf Freiheit, das Recht auf Würde, das Recht auf Nichtverfolgung oder schlichtweg das Recht auf Gerechtigkeit nicht ungerecht verteilt ist?

Träume, die da rufen: Nein, ich kann nicht länger hinnehmen, das Menschen um Hilfe betteln müssen. Ich will, dass es selbstverständlich ist, dass Menschen, egal an welchem Ort der Erde sie auch leben, Hilfe bekommen, die sie benötigen, um ein Leben in Freiheit, Würde und Hungerslosigkeit zu erhallten.

Träume, die da rufen: Nein, ich kann nicht länger hinnehmen, dass mich die Medien dazu verführen, immerzu meinem Trieb nachzugehen, damit ich nur ja exzessiv konsumiere. Nein, ich sehe ein, dass Mitleid keine nachhaltige Lösung ist, und deswegen will ich endlich damit beginnen, ein Vergoist zu sein; ein Egoist, der von Vernunft geleitet wird, wodurch das eigene Glück nur mit dem Glück anderer erreicht werden kann. Träume, die da rufen: Nein, ich kann nicht länger hinnehmen, dass mein Land von Leuten regiert wird, die keine Vergoisten sind, sondern lediglich Egoisten, dessen Glück darin besteht, mehr Macht und somit mehr Reichtum zu erlangen, um den nationalen und somit den eigenen Wohlstand zu sichern, nicht jedoch den der gesamten Menschheit. Träume, die da lauten: Nein, ich kann nicht länger hinnehmen, dass Wohlstand als etwas definiert wird, das Verschwendung ermöglicht, stattdessen will ich das Leben als Wohlstandsleben bezeichnen, das mir ermöglicht, ein Zuhause mit Frieden, Nahrung und gleichen Rechten zu besitzen. Demzufolge definiere ich mein Leben in einem Land, das die Definition des Wohlstandes sehr hoch ansetzt, als Leben in Maßlosigkeit. Und nein, mein Vergoismus braucht keine Maßlosigkeit, um seine Gier nach dem eigenen Glück zu befriedigen.

Träume, die da lauten: Nein, ich kann nicht länger hinnehmen, dass mich meine angeborenen Hemmungen davon abhalten, für meine Träume zu kämpfen, weil ich weiß, dass der pure Wille jede Hemmmung und jede andere Blockade, die mich von der Erfüllung meiner Träume ahbhält, besiegen kann. Nein, mein Wille beugt sich nicht dem Gelächter der anderen Menschen, wenn ich ihnen erkläre, dass ich mich dazu entschlossen habe, vorerst weniger und irgendwann gar kein Fleisch mehr zu verzehren. Nein, mein Wille beugt sich nicht dem Irrglauben, dass Kleider Leute machen, sondern mein Wille basiert auf dem Wissen, dass einzig und allein er, der Wille selbst, mich zu dem macht, der ich für andere Menschen sein will. Nein, mein Wille beugt sich nicht mehr den Erwartungen der Gesellschaft, die da glaubt, Glück besteht aus der Mehrung des materialistischen Habens, denn mein Wille will ausschließlich die Erwartungen meiner eigenen postmaterialistischen Vernunft erfüllen. Nein, mein Wille beugt sich nicht länger dem Gedanken, dass die Durchsetzung meines Willens der Vernunft eine Frage des Kontostandes ist, denn mein Wille weiß, dass alles eine Frage der Willenseinstellung ist; setze ich meinem Willen keine Grenzen, so hat auch die Umsetzung meines Willens keine Grenzen und die Mittel, die für die Umsetzung von Nöten sind, werden sich früher oder später auftun. Nein, mein Wille beugt sich nicht länger dem unvernünftgen Willen anderer Menschen, die mich an der Umsetzung meines Willens hindern wollen, indem sie mir sagen, ich soll die Kirche im Dorf lassen, oder, ich solle nicht vergessen, dass ich bloß ein Mensch bin, denn mein Wille ist stark genug, um genügend Gleichgesinnte zu finden, die mir helfen, die Kirche aus dem Dorf zu schaffen, damit sie an einem sehr viel schöneren Ort wieder errichtet werden kann – ansehnlicher als jemals zuvor –, denn mein Wille ist stark genug, um sich von dem Menschsein zu distanzieren, welches Ungerechtigkeiten hinnimt, weil es glaubt, sein Menschsein reiche nicht aus, um sie zu bezwingen, damit mein Wille Flügel bekommt, die niemals dahinschmelzen, wenn die schwarze Sonne meiner Widersacher, die mich am liebsten wieder unten auf dem Boden sehen wollen, zu heiß scheint. Nein, mein Wille wird sich nichts und niemandem beugen, vielmehr werden sich die Ungerechtigkeiten dieser Erde meinem Willen der Vernunft beugen, denn mein Wille ist Gott – und Gott ist allmächtig.

© Leunam Remeark, September 2011

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One Response to Der Wille zur Gerechtigkeit

  1. Die dritte Person sagt:

    Kampfansage, hoffentlich erreicht sie viele Menschen….

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